28. November 2024, ein Tag, an dem der Regen wie ein grauer Vorhang vom Himmel fiel und selbst die tapfersten Sonnenstrahlen nicht durchzudringen vermochten.
Müßiger Leser! Heute muss ich dir von einer bemerkenswerten Begebenheit berichten, die sich am Hofe zu Sonnendorf zutrug, wo unser edler Ritter Don Hühott – der sich selbst für einen solchen hält, während er doch nur der brave Michael ist – einen alten Gefährten empfing. Es war dies Markus aus Rosenheim, ein Künstler von einiger Bekanntheit, dessen Pinsel es vermag, die Schönheit holder Weiblichkeit im scheidenden Lichte der Abendsonne festzuhalten.
Nun muss man wissen, dass Don Hühott in letzter Zeit von einer gewissen Schwermut befallen war, die schwerer auf seinen Schultern lastete als die eingebildete schwarze Rüstung. Die täglichen Pflichten im Stalle, das Ausmisten der Boxen und die Versorgung der Tiere, erschienen ihm beschwerlicher denn je, gleich als trüge er nicht nur sein eigenes Los, sondern auch das aller fahrenden Ritter vor ihm.
Doch als sein Freund Markus den Hof betrat, mit Staffelei und Malutensilien bewaffnet – welch friedliche Waffen im Vergleich zu den eingebildeten Schwertern unseres Ritters! -, da hellte sich Don Hühotts Gemüt merklich auf. Sie saßen lange im Schatten der alten Linde, die den Hof ziert, und sprachen von vergangenen Tagen und von der Kunst, die Schönheit der Welt einzufangen.
Markus erzählte von seinen Gemälden, wie er die Damen just in jenem flüchtigen Moment porträtiert, wenn die Sonne ihre letzten goldenen Strahlen über die Welt ergießt. Don Hühott, in seiner eigentümlichen Art die Welt zu sehen, verglich diese Bilder mit den Heldenepen, die er so sehr liebte, und nannte seinen Freund einen „Ritter des schwindenden Lichts“, was diesem ein nachsichtiges Lächeln entlockte.
Die Magd Irmingard Maria, die in diesem Moment vorbeikam, um nach dem Rechten zu sehen, hörte Don Hühott sagen: „Mein edler Freund, Ihr fangt mit Eurem Pinsel die Schönheit ein, wie ich mit meinem Schwerte die Gerechtigkeit zu verteidigen suche!“ Woraufhin sie nur den Kopf schüttelte und murmelte, das einzige Schwert, das er je geschwungen habe, sei wohl die Mistgabel gewesen.
Dulcinea von Sonnendorf – oder Magdalena, wie sie von allen genannt wird, die nicht in Don Hühotts Fantasiewelt leben – kam auch kurz vorbei, um die beiden Freunde mit frischem Wasser und Brot zu versorgen. Don Hühott erstrahlte bei ihrem Anblick wie die untergehende Sonne selbst, und ich schwöre, ich sah Markus‘ Finger zucken, als wollte er sogleich Pinsel und Leinwand zur Hand nehmen.
Als der Tag sich neigte und Markus sich verabschiedete, schien in Don Hühotts Augen ein neues Feuer zu brennen. Er sprach davon, dass neue Projekte seiner harrten, große Taten, die vollbracht werden müssten. Was genau diese Projekte sein mögen, weiß nur er selbst – und vielleicht nicht einmal das. Doch wer bin ich, sein Chronist, darüber zu urteilen? Denn oft schon hat sich gezeigt, dass aus seinen vermeintlichen Wahnvorstellungen durchaus Gutes erwachsen kann, wenn auch meist auf andere Weise, als er es sich vorgestellt hatte.
So endete dieser Tag in Sonnendorf, und ich, der ich diese Zeilen niederschreibe, kann nur hoffen, dass die neuen Kräfte, die Don Hühott aus der Begegnung mit seinem alten Freund geschöpft hat, ihm helfen werden, die kommenden Tage mit mehr Leichtigkeit zu ertragen. Denn auch wenn seine Rüstung nur in seiner Einbildung existiert, so ist doch die Last, die er trägt, wahrhaftig genug.