Kategorie: Träumen

  • Nachgeben.

    6. Dezember 2024, ein Tag, an dem die Morgensonne durch die Wolken brach wie eine Erkenntnis durch den Nebel der Zweifel.

    „Ist es nicht seltsam“, sprach er zu seinem treuen Ross Mr. Moppel, während er ihm das Fell striegelte, „wie wir uns oft gegen jene Wege sträuben, die das Schicksal für uns vorgesehen hat? Gleich einem störrischen Hund an der Leine zerren wir in die Gegenrichtung, nur um am Ende erschöpft und kraft­los zu sein.“

    Müßiger Leser! Heute muss ich dir von den Gedanken berichten, die unseren Don Hühott heimsuchten, während er über die Lektion sann, die ihm sein vierbeiniger Gefährte Amaruq am Vortage erteilte.

    Und während er so den Striegel durch Mr. Moppels Fell führte, erkannte er, wie sehr er sich selbst in diesem Bilde wiederfand. Je verbissener er gegen den Strom des Lebens anschwamm, desto mehr schwanden seine Kräfte, gleich einem Ritter, der sein Schwert gegen den Wind schwingt.

    Doch was ihn am meisten quälte — mehr noch als die Furcht vor dem falschen Wege —, war die Angst vor dem Scheitern selbst. Wie ein schwerer Schatten lag sie auf seiner Seele, diese unbegründete Sorge, dass ein Fehlschlag das Ende aller Hoffnung bedeuten könnte.

    „Aber sieh nur“, sprach er zu Attila Panza, der ihm wie stets sein Ohr lieh, „wie oft stand ich schon am Abgrund? Wie viele Schlachten schien ich schon verloren zu haben? Und doch — hier stehe ich noch immer, aufrecht, wenn auch manchmal wankend.“

    Es war, als hätte Amaruqs gestrige Lektion einen Vorhang in seinem Geiste gelüftet. War es nicht gerade sein störrisches Beharren auf alten Wegen, sein stetes Zurückfallen in vertraute Muster, das ihn daran hinderte, wahrhaft voranzuschreiten? Gleich einem Reiter, der sich im Kreise dreht, weil er den eingeschlagenen Pfad nicht verlassen will, auch wenn dieser ins Nirgendwo führt.

    „Vielleicht“, murmelte er, während er gedankenverloren Mr. Moppels Mähne kämmte, „vielleicht liegt die wahre Ritterlichkeit nicht im sturen Beharren auf dem eigenen Willen, sondern im weisen Nachgeben, wenn das Leben uns in eine neue Richtung weist?“

    Und während er dies bedachte, fiel ihm auf, wie oft schon das vermeintliche Scheitern sich als verkappter Segen erwiesen hatte. Wie oft hatte ein gescheiterter Plan ihn auf einen besseren Weg geführt, den er selbst nie gewählt hätte?

    So verbrachte Don Hühott diesen Tag in tiefem Sinnen, und zum ersten Mal seit langem spürte er, wie die Last der Angst von seinen Schultern zu weichen begann. Denn wer hatte je gehört, dass ein wahrer Ritter am Scheitern zerbrach? War es nicht vielmehr das Aufstehen nach jedem Fall, das einen Ritter ausmachte?

    Wer bin ich, werter Leser, zu sagen, ob Don Hühott an diesem Tage nicht eine größere Schlacht gewann als all jene, die er sich in seiner Fantasie erträumte? Denn welcher Sieg könnte größer sein als jener über die eigene Furcht?

  • Die Last.

    4. Dezember 2024, ein Tag, der sich wie ein dichter Nebel über Sonnendorf legte und die Sicht auf den rechten Weg zu verhüllen schien.

      Müßiger Leser! Heute muss ich dir von einem Kampf berichten, den unser Don Hühott ausfocht — nicht gegen Windmühlen oder eingebildete Riesen, sondern gegen die weit gefährlicheren Feinde, die im eigenen Herzen wohnen: die nagenden Zweifel und die erdrückende Last der täglichen Pflichten.

      Wie ein Ritter, der sich in einem Labyrinth verirrt hat, stand Don Hühott an diesem Tage vor dem Berg seiner Aufgaben, unfähig zu erkennen, welcher Pfad ihn seinem Ziele näher bringen würde. Je mehr er sich mühte, desto weiter schienen sich seine edlen Ziele zu entfernen, gleich einer Fata Morgana in der Wüste, die den dürstenden Wanderer narrt.

      „Ach, treuer Gefährte“, sprach er zu seinem Ross Mr. Moppel, während er gedankenverloren dessen Box ausfegte, „wie soll ein fahrender Ritter seinen Weg finden, wenn selbst der hellste Tag ihm dunkel erscheint? Mit jedem Schritt, den ich zu tun vermeine, scheint das Ziel sich um zehn weitere zu entfernen.“

      Die Last seiner täglichen Pflichten türmte sich vor ihm auf wie eine Festungsmauer, die zu erstürmen selbst dem tapfersten Ritter unmöglich erscheinen musste. Und während er versuchte, Ordnung in das Chaos seiner Aufgaben zu bringen, spürte er, wie seine Kräfte schwanden — gleich einem Krieger, der zu lange sein Schwert geschwungen hat.

      „Ist dies der rechte Weg?“, fragte er sein treues Pferd, das ihn nur mit sanften Augen anblickte. „Oder verliere ich mich in Schlachten, die nicht die meinen sind? Wie soll ich erkennen, welche Quest der Mühen wert ist und welche mich nur weiter von meiner Bestimmung fortführt?“

      Die Zweifel, die sich in sein Herz schlichen, waren gefährlichere Gegner als alle Drachen und Riesen, gegen die er in seiner Einbildung je gefochten hatte. Denn sie nagten nicht an seiner Rüstung — die er nur in seiner Fantasie trug —, sondern an seinem Mut selbst, an jener Kraft, die ihn bislang stets vorangetrieben hatte.

      Und während der Tag sich neigte, stand Don Hühott noch immer in seinem Stall, umgeben von den vielen angefangenen Aufgaben, die seiner Vollendung harrten, und spürte, wie seine Kräfte zu schwinden drohten — gleich einer Kerze, die zu lange gebrannt hat und deren Flamme im nächtlichen Wind zu erlöschen droht.

      Wer bin ich, werter Leser, zu sagen, ob dies nur eine vorübergehende Schwäche ist oder ob hier wirklich die Kräfte eines tapferen, wenn auch verwirrten Mannes zur Neige gehen? Denn manchmal sind es gerade die stillsten Kämpfe, die am meisten an unserer Seele zehren — die Kämpfe nicht gegen äußere Feinde, sondern gegen die Erschöpfung und den Zweifel im eigenen Herzen.

    1. Bewunderung.

      3. Dezember 2024, ein Tag, an dem die Sonne golden am Himmel stand, als wollte sie Dulcineas Suche nach dem verlorenen Kater erleuchten.

      Müßiger Leser! Heute muss ich dir von einer bemerkenswerten Begebenheit berichten, die unseren Don Hühott tief bewegte und seine Liebe zu Dulcinea — die andere nur als Magdalena kennen — noch weiter entfachte, wenn dies überhaupt möglich war.

      Denn siehe da: Seine angebetete Dame nahm sich Urlaub von ihren weltlichen Pflichten, um nach dem Kater Timo zu suchen, jenem edlen Streuner, der durch die Torheit seiner neuen Besitzer in die Fremde entwich. Keine Mühe scheute sie, keine Kosten waren ihr zu hoch für diese edle Quest.

      Don Hühott, der dies sah, während er seinen täglichen Pflichten im Stalle nachging, wurde von zwiespältigen Gefühlen heimgesucht. Da war einerseits das Unverständnis eines praktisch denkenden Mannes — so sehr er sich auch für einen fahrenden Ritter hielt — über den Aufwand, den seine Dame für einen einzelnen Kater betrieb. Doch gleichzeitig, und dies mit weit größerer Kraft, wallte in seiner Brust ein Stolz auf, der selbst seine kühnsten Ritterphantasien in den Schatten stellte.

      „Sieh nur“, sprach er zu seinem treuen Attila Panza, „wie meine edle Dame keine Mühe scheut, kein Opfer zu groß findet, wenn es darum geht, einem ihrer Schützlinge beizustehen! Wahrlich, wenn alle Menschen solch ein Herz hätten wie meine Dulcinea, dann wäre diese Welt ein Garten Eden, und alle Geschöpfe darin lebten in Frieden und Eintracht!“

      Und während er diese Worte sprach, erkannte er, dass gerade diese bedingungslose Hingabe, diese kompromisslose Güte es war, die sein Herz damals wie heute so unrettbar an sie verloren hatte. Mochten andere ihre Entscheidungen für unvernünftig halten — war es nicht gerade diese wilde, ungebändigte Kraft der Liebe zu allen Kreaturen, die sie so besonders machte?

      So verbrachte Don Hühott diesen Tag in einem Zustand erhöhter Verzückung, und selbst das Ausmisten der Ställe erschien ihm wie ein ritterlicher Dienst an seiner Dame. Denn während sie in der Ferne nach dem verlorenen Kater suchte, hütete er hier ihre anderen Schützlinge und träumte davon, wie die Welt sein könnte, wenn alle Menschen nur ein Quentchen von Dulcineas Herz in sich trügen.

      Und wer wollte ihm widersprechen? Denn manchmal, werter Leser, sind es gerade jene Handlungen, die der gewöhnliche Verstand nicht zu begreifen vermag, die uns zeigen, was wahre Größe bedeutet — sei es nun die eines fahrenden Ritters oder die einer Dame, die alles stehen und liegen lässt, um einer streunenden Katze beizustehen.

    2. Der Hundeflüsterer.

      1. Dezember 2024, ein Morgen, an dem die Herzen so warm schlugen wie die Wintersonne am klaren Himmel strahlte.

        Müßiger Leser! Heute muss ich dir von einer Geschichte berichten, die das Herz erwärmt wie ein Kaminfeuer an einem kalten Winterabend. Es geht um unseren Don Hühott, seine angebetete Dulcinea und einen besonderen Gefährten namens Amaruq, den sie in der Herberge für heimatlose Tiere zu Rosenheim fanden.

        Wie es sich begab, reisten die beiden eines Tages nach Rosenheim – Don Hühott natürlich fest überzeugt davon, dass er auf seinem treuen Ross Mr. Moppel einem ritterlichen Abenteuer entgegenritt, während Dulcinea, die andere nur als Magdalena kennen, ganz praktisch den Wagen lenkte.

        Heute nun waren sie wieder mit ihrem vierbeinigen Gefährten unterwegs, begleitet von jenem weisen Mann, den Don Hühott ehrfurchtsvoll den „Hundeflüsterer von Rosenheim“ nennt, obwohl er nur – oder vielmehr: zum Glück – der Trainingspate des Amaruq ist. Mit der Geduld eines Mönchs und der Weisheit eines alten Ritters (wie Don Hühott zu sagen pflegt) führt er die beiden in die Kunst der Hundeerziehung ein.

        „Seht nur“, flüsterte die Magd Irmingard Maria dem Barbier zu, als die kleine Gruppe am Hof vorbeizog, „wie unser Don Hühott strahlt, wenn er mit den beiden unterwegs ist. Da vergisst er sogar, dass er ein fahrender Ritter sein will.“

        Und in der Tat, werter Leser, war es eine Freude zu beobachten, wie Don Hühott jeden Ratschlag des Trainingspaten aufsog wie ein trockener Schwamm das Wasser. Dulcinea führte die Leine mit sanfter Hand, während Amaruq, der seinen Namen von den stolzen Wölfen des Nordens trägt, aufmerksam neben ihr hertrottete.

        In Don Hühotts Augen – und wer wollte ihm da widersprechen? – war dies der Beginn einer neuen Queste, edler als der Kampf gegen Windmühlen und bedeutsamer als alle eingebildeten Ritterschlachten. Denn in seinen Träumen sah er bereits eine Zukunft, in der er, Dulcinea und Amaruq gemeinsam durch das Leben schreiten würden, eine Familie, wie sie das Schicksal nicht hätte besser zusammenfügen können.

        Als sie zum Hof zurückkehrten, hörte man Don Hühott zu seinem treuen Mr. Moppel sagen: „Siehst du, mein edler Gefährte, wie sich manchmal die schönsten Abenteuer dort finden, wo man sie am wenigsten erwartet? In einer Herberge für heimatlose Tiere zu Rosenheim fanden wir einen Schatz, kostbarer als alles Gold der Welt.“

        Dulcinea, die diese Worte hörte, lächelte still vor sich hin, während sie Amaruq ein Leckerli reichte. Und wer weiß, werter Leser, vielleicht ist dies wirklich der Beginn einer Geschichte, die glücklicher endet als alle Ritterromane, die Don Hühott je gelesen hat. Denn was ist das Leben anderes als die Suche nach jenen, die unser Herz vollständig machen – sei es auf zwei Beinen oder auf vieren?

      1. Abenddämmerung.

        28. November 2024, ein Tag, an dem der Regen wie ein grauer Vorhang vom Himmel fiel und selbst die tapfersten Sonnenstrahlen nicht durchzudringen vermochten.

        Müßiger Leser! Heute muss ich dir von einer bemerkenswerten Begebenheit berichten, die sich am Hofe zu Sonnendorf zutrug, wo unser edler Ritter Don Hühott – der sich selbst für einen solchen hält, während er doch nur der brave Michael ist – einen alten Gefährten empfing. Es war dies Markus aus Rosenheim, ein Künstler von einiger Bekanntheit, dessen Pinsel es vermag, die Schönheit holder Weiblichkeit im scheidenden Lichte der Abendsonne festzuhalten.

        Nun muss man wissen, dass Don Hühott in letzter Zeit von einer gewissen Schwermut befallen war, die schwerer auf seinen Schultern lastete als die eingebildete schwarze Rüstung. Die täglichen Pflichten im Stalle, das Ausmisten der Boxen und die Versorgung der Tiere, erschienen ihm beschwerlicher denn je, gleich als trüge er nicht nur sein eigenes Los, sondern auch das aller fahrenden Ritter vor ihm.

        Doch als sein Freund Markus den Hof betrat, mit Staffelei und Malutensilien bewaffnet – welch friedliche Waffen im Vergleich zu den eingebildeten Schwertern unseres Ritters! -, da hellte sich Don Hühotts Gemüt merklich auf. Sie saßen lange im Schatten der alten Linde, die den Hof ziert, und sprachen von vergangenen Tagen und von der Kunst, die Schönheit der Welt einzufangen.

        Markus erzählte von seinen Gemälden, wie er die Damen just in jenem flüchtigen Moment porträtiert, wenn die Sonne ihre letzten goldenen Strahlen über die Welt ergießt. Don Hühott, in seiner eigentümlichen Art die Welt zu sehen, verglich diese Bilder mit den Heldenepen, die er so sehr liebte, und nannte seinen Freund einen „Ritter des schwindenden Lichts“, was diesem ein nachsichtiges Lächeln entlockte.

        Die Magd Irmingard Maria, die in diesem Moment vorbeikam, um nach dem Rechten zu sehen, hörte Don Hühott sagen: „Mein edler Freund, Ihr fangt mit Eurem Pinsel die Schönheit ein, wie ich mit meinem Schwerte die Gerechtigkeit zu verteidigen suche!“ Woraufhin sie nur den Kopf schüttelte und murmelte, das einzige Schwert, das er je geschwungen habe, sei wohl die Mistgabel gewesen.

        Dulcinea von Sonnendorf – oder Magdalena, wie sie von allen genannt wird, die nicht in Don Hühotts Fantasiewelt leben – kam auch kurz vorbei, um die beiden Freunde mit frischem Wasser und Brot zu versorgen. Don Hühott erstrahlte bei ihrem Anblick wie die untergehende Sonne selbst, und ich schwöre, ich sah Markus‘ Finger zucken, als wollte er sogleich Pinsel und Leinwand zur Hand nehmen.

        Als der Tag sich neigte und Markus sich verabschiedete, schien in Don Hühotts Augen ein neues Feuer zu brennen. Er sprach davon, dass neue Projekte seiner harrten, große Taten, die vollbracht werden müssten. Was genau diese Projekte sein mögen, weiß nur er selbst – und vielleicht nicht einmal das. Doch wer bin ich, sein Chronist, darüber zu urteilen? Denn oft schon hat sich gezeigt, dass aus seinen vermeintlichen Wahnvorstellungen durchaus Gutes erwachsen kann, wenn auch meist auf andere Weise, als er es sich vorgestellt hatte.

        So endete dieser Tag in Sonnendorf, und ich, der ich diese Zeilen niederschreibe, kann nur hoffen, dass die neuen Kräfte, die Don Hühott aus der Begegnung mit seinem alten Freund geschöpft hat, ihm helfen werden, die kommenden Tage mit mehr Leichtigkeit zu ertragen. Denn auch wenn seine Rüstung nur in seiner Einbildung existiert, so ist doch die Last, die er trägt, wahrhaftig genug.

      2. Schatten.

        26. November 2024, ein Tag wie ein verblasstes Gemälde.

        „Die Menschen sind Narren“, murmelte Don Hühott, während er vom Fenster des Stalls auf den Dorfplatz blickte. Dort unten eilten sie umher, verstrickt in ihre kleinen Sorgen, blind für die größeren Zusammenhänge.

        Es war Attila, der ihn aus seinen düsteren Betrachtungen riss. „Was seht Ihr denn da unten, das Euch so verbittert?“

        Don Hühott seufzte schwer. „Ich sehe ihre Dummheit, ihre Gleichgültigkeit. Wie sie gedankenlos durchs Leben hasten, während die Welt um sie herum…“ Er brach ab, unfähig seine Frustration in Worte zu fassen.

        „Merkwürdig“, sagte Attila nachdenklich, während er eine Handvoll Haferkörner durch seine Finger rieseln ließ. „Als ich vorhin zum Markt ging, sah ich die alte Marie, wie sie einem fremden Kind half, seine verstreuten Äpfel aufzusammeln. Und der Bäcker gab der mittellosen Witwe wieder heimlich Brot.“

        Don Hühott schwieg einen Moment. „Vielleicht“, räumte er zögernd ein, „vielleicht sehe ich vor lauter Schatten das Licht nicht mehr.“

        In diesem Moment trat Dulcinea ein. „Michael“, sagte sie – denn so war sein weltlicher Name – „Ihr steht hier oben und urteilt über die Welt da unten. Aber habt Ihr schon einmal bedacht, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte mit sich trägt? Seine eigenen Kämpfe kämpft?“

        Don Hühott griff nach seinem abgegriffenen Buch der Selbstbetrachtungen. „Der weise Kaiser schreibt: ‚Beginne den Tag mit dem Gedanken: Ich werde heute Menschen begegnen, die sich aufdringlich, undankbar und unverschämt verhalten.‘ Aber…“ Er hielt inne. „Aber vielleicht lese ich nur den ersten Teil und übersehe den zweiten: ‚Sie verhalten sich so aus Unwissenheit über Gut und Böse.’“

        Ein Sonnenstrahl fiel durch das Fenster und ließ die Staubkörner im Stall wie winzige Lichter tanzen.

        „Seht“, sagte Dulcinea sanft, „selbst im dunkelsten Raum findet das Licht seinen Weg. Vielleicht müssen wir nur lernen, genauer hinzusehen.“

        Don Hühott betrachtete die tanzenden Staubkörner lange. „Es ist seltsam“, sagte er schließlich. „Als Ritter träumte ich davon, gegen Drachen zu kämpfen. Aber vielleicht ist der größte Kampf der gegen die Dunkelheit in unserem eigenen Blick.“

        „Und wie gewinnt man diesen Kampf?“, fragte Attila.

        „Indem man übt“, antwortete Don Hühott langsam, „das Licht zu sehen. Auch wenn es nur so klein ist wie ein Staubkorn in der Sonne.“

        Anmerkung des Chronisten: Manchmal braucht es mehr Mut, die Güte in den Menschen zu sehen als ihre Fehler. Und manchmal ist der wahre Ritter nicht der, der Drachen erschlägt, sondern der, der lernt, mit anderen Augen zu sehen.

      3. Amaruq.

        24. November 2024, als der erste Schnee sich wie ein Fellmantel über das Land legte.

        Bernsteinfarbene Augen trafen auf die seinen, und Don Hühott erstarrte mitten in der Bewegung. Vor ihm, majestätisch wie ein Fürst der Wildnis, saß Amaruq, der Schäferhund-Mix aus dem Tierheim.

        „Seht nur, Dulcinea“, flüsterte er ehrfurchtsvoll, „wie das Blut der Nordwölfe in seinen Adern singt! Gewiss stammt er von den großen Huskys ab, oder den Northern Inuit, die den Schlitten des Winterkönigs zogen!“

        „Michael“, erwiderte Dulcinea – denn so war sein weltlicher Name – „er ist einfach ein lieber Mischling, der heute mit uns spazieren geht.“

        Doch Don Hühott, in seiner abgetragenen schwarzen Kleidung, die er für eine Rüstung hielt, war bereits in seine eigene Welt versunken. Mit feierlichen Schritten führte er Amaruq durch den fallenden Schnee, während der Hund würdevoll neben ihm hertrottete.

        Ein Kaninchen kreuzte ihren Weg. Amaruq verwandelte sich augenblicklich in einen ganz gewöhnlichen, aufgeregten Hund, der schwanzwedelnd an der Leine zog.

        „Seht!“, rief Don Hühott triumphierend. „Wie er die Grenzen seines Reiches verteidigt! Ein wahrer Wächter des Nordens!“

        Am Ende des Tages, als sie Amaruq zum Tierheim zurückbrachten, kniete sich Don Hühott vor den Hund. „Edler Botschafter der Wildnis“, sprach er feierlich, „mögest du bald ein Königreich finden, das deiner würdig ist.“

        Amaruq antwortete mit einem feuchten Nasenstupser und einem Schwanzwedeln, das in Don Hühotts Augen gewiss ein uraltes Wolfsritual war.

      4. Eiswasserwandler.

        23. November 2024, ein Spätnachmittag, als die Sonne golden über dem See hing.

          Die Enten auf dem See beäugten verwundert den seltsamen Gesellen in schwarzer Kleidung, der am Ufer stand und offenbar mit sich selbst verhandelte.

          „Schon die alten Wikinger“, murmelte Don Hühott, während er vorsichtig einen Zeh ins eisige Wasser tauchte, „wussten um die stählende Kraft des kalten Wassers.“ Er unterbrach sich, als eine vorwitzige Ente näher schwamm und ihn mit schief gelegtem Kopf betrachtete. „Ja, ja“, sprach er zu ihr, „ich weiß, für euch ist dies ein natürliches Bad. Aber bedenkt, Dame Ente, dass auch wir Menschen einst diese Verbindung zur Natur hatten.

          Sein treuer Gefährte Attila, der mit einer warmen Decke am Ufer wartete, schüttelte nur den Kopf. „Don Hühott, vielleicht solltet Ihr weniger über Geschichte nachdenken und einfach…“

          Platsch!

          Mit einem beherzten Sprung hatte sich Don Hühott ins kalte Wasser begeben. Die Enten stoben auseinander, kehrten aber neugierig zurück, als sie sahen, wie dieser seltsame Mensch andächtig im Wasser stand.

          Kälte umfing ihn wie ein kristallener Panzer, doch mit jedem bewussten Atemzug spürte er, wie eine seltsame Wärme von innen aufstieg. Die Enten schwammen nun in respektvollem Abstand ihre Kreise um ihn.

          Nach wenigen Minuten – länger sollte man als Anfänger nicht im eisigen Wasser bleiben, wie er in seinen Studien gelernt hatte – stieg er aus dem See. Sein ganzer Körper kribbelte, als hätte er einen Trunk aus flüssigem Sonnenlicht genommen.

          „Wisst ihr“, sagte er zu Attila, während er sich in eine warme Decke hüllte, „es ist seltsam. Den ganzen Tag drehen wir uns im Kreis, gefangen in unseren Pflichten. Aber hier, in der Kälte des Wassers, finde ich eine Klarheit, die ich schon lange vermisst habe.“

          Eine der Enten schnatterte zustimmend.

          „Ja, ja“, lächelte Don Hühott, „ihr wisst das natürlich längst. Ihr tragt diese Weisheit in euch, so wie die alten Völker sie in sich trugen. Der moderne Mensch hat sie nur vergessen, diese Verbindung zur Natur, diese… diese…“

          Er hielt inne, suchte nach Worten.

          „Diese Entspannung?“, schlug Attila vor.

          „Genau!“, strahlte Don Hühott. „Siehst du, wie klar der Geist wird? Wie leicht die Gedanken fließen? Die alten Mystiker wussten, warum sie die Kälte suchten. Sie ist wie ein Spiegel, der uns zeigt, wer wir wirklich sind.“

          Die Sonne begann unterzugehen, und die Enten zogen ihre letzten Kreise auf dem See. Don Hühott stand noch lange am Ufer, das Gesicht von innen leuchtend, als hätte er ein lange gesuchtes Geheimnis gefunden.

          „Morgen“, sagte er schließlich zu Attila, „morgen komme ich wieder. Ein Ritter muss sich schließlich abhärten.“

          Die Enten schnatterten zum Abschied, als wollten sie sagen: Willkommen im Club der Eiswasserwandler.