21. November 2024, ein sonniger, aber kühler Morgengruß.
Müßiger Leser! Noch ehe die Sonne ihre ersten Strahlen über Sonnendorf ergoss, ritt unser Don Hühott bereits auf seinem treuen Drahtesel aus – einem bescheidenen Gefährt, das seiner alltäglichen Reise diente, wenngleich er sich wohl auf dem Rücken eines stolzen Streitrosses wähnte. Die Morgenkühle biss in seine Wangen, doch sein Herz war erfüllt von großen Plänen für den Tag.
„Heute“, sprach er zu sich selbst, während er auf seinem Drahtesel dahinritt, „heute werde ich endlich jene bedeutsamen Taten vollbringen, die einem wahren Ritter gebühren!“
Doch das Schicksal, dieser launische Geselle, hatte andere Pläne. Kaum hatte er seinen Posten bezogen, da prasselten sie auf ihn ein: belanglose Aufgaben, nichtige Besorgungen, unbedeutende Erledigungen. Und Don Hühott, der in seinem Herzen stets ein Diener aller war, ließ sich hineinziehen in diesen Strudel der Bedeutungslosigkeit.
Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, fand ich ihn in einem stillen Winkel, das Haupt gesenkt, in seinen abgetragenen schwarzen Gewändern, die er für eine Rüstung hielt.
„Ach, werter Chronist“, sprach er zu mir, „ist es nicht seltsam? Da steigt man aus mit dem Feuer eines Drachentöters im Herzen, und am Ende des Tages hat man nicht mehr vollbracht als eine Ameise, die Krümel zum Bau trägt.“
Sein treuer Gefährte Attila, der gerade vorbeikam, versuchte ihn aufzumuntern: „Aber Don Hühott, auch kleine Taten sind wichtig…“
„Nein, nein“, unterbrach ihn Don Hühott mit einer müden Handbewegung. „Verstehst du denn nicht? Es ist nicht die Größe der Taten, die mich quält. Es ist ihre Richtung. Wie ein Ritter, der ausritt, um einen Drachen zu erlegen, und stattdessen den ganzen Tag damit verbrachte, verlorene Hühner einzufangen.“
Er erhob sich und trat ans Fenster, durch das die Nachmittagssonne fiel. „Manchmal frage ich mich, ob ich nicht einem Irrlicht folge. All diese Geschäftigkeit, dieses Rennen und Jagen – ist es das, wofür wir geschaffen wurden? Oder gibt es da draußen eine größere Aufgabe, die meiner harrt, während ich mich in Kleinigkeiten verliere?“
Dulcinea, die diese Worte hörte, trat zu ihm. „Michael“, sagte sie – denn so war sein weltlicher Name – „vielleicht liegt die Größe manchmal gerade darin, den Mut zu haben, innezuhalten und sich zu fragen, ob man auf dem richtigen Weg ist.“
Don Hühott schwieg lange, bevor er antwortete: „Weißt du, was mich am meisten beunruhigt? Nicht die Arbeit selbst – denn auch ein Ritter muss seinen Dienst tun. Nein, es ist dieses nagende Gefühl, dass ich meine kostbare Lebenszeit an Dinge verschwende, die nicht zu meiner wahren Bestimmung gehören.“
Er griff nach seinem abgegriffenen Buch der Selbstbetrachtungen. „Der weise Kaiser Marcus Aurelius schreibt: ‚Vergeude nicht den Rest deines Lebens damit, über andere zu grübeln […] denn du verlierst dabei die Gelegenheit, etwas anderes zu tun.‘ Vielleicht… vielleicht ist es Zeit, nicht nur über den richtigen Weg nachzudenken, sondern ihn auch zu beschreiten.“
Und so endete dieser Tag in Sonnendorf – nicht mit einer Lösung, aber vielleicht mit dem Beginn einer Suche. Denn manchmal, müßiger Leser, ist die wichtigste Erkenntnis die, dass man sich verirrt hat. Und manchmal ist das Eingestehen der Verwirrung der erste Schritt auf dem Weg zur Klarheit.